Innenansichten der neuen Partei »Die Basis« Heilpraktiker, Umsturzfantasien und Jürgen Fliege

Besucherinnen einer »Basis«-Wahlkampfveranstaltung in Magdeburg: Ein Hauch von Woodstock
Foto:Gordon Welters / DER SPIEGEL
An einem sonnigen Samstag Ende Mai kann man am Dom in Magdeburg eine andere Welt betreten. Es ist eine Welt, in der das Coronavirus nicht gefährlicher ist als eine gewöhnliche Grippe. Und der Virologe Christian Drosten eine von finsteren Mächten gesteuerte Marionette.
Die »Basisdemokratische Partei Deutschland«, kurz »Die Basis«, hat vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt zu einer Versammlung gerufen. Der Domplatz ist gut gefüllt, fast 500 Menschen sind gekommen. Am Rande formen Männer riesige Seifenblasen, die in der Mittagssonne glitzern. Kurz bevor es losgeht, verteilt die Partei Hunderte weiße Luftballons. Ein Hauch von Woodstock liegt in der Luft.
Auf der Bühne aber werden schräge Töne angestimmt. Dort hängt ein Transparent, das fordert: »Politiker müssen haften«. Der Gründer der Gruppe »Ärzte für Aufklärung« ruft: »Wir werden nicht aufhören, unsere Stimme zu erheben, bis die Leute, die diesen Zirkus veranstalten, auf der Anklagebank sitzen.« Sein Lieblingsbild, fährt er fort, sei »die Regierungsbank, und darunter steht ›Nürnberger Prozesse 2.0‹«. Die Bundesregierung als Naziverbrecher – dafür gibt es kräftigen Applaus.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte die Menge eine Schweigeminute für die »Opfer des Lockdowns« eingelegt. Dann schalteten sich per Video Sucharit Bhakdi und Karina Reiss zu, die für die Basis für den Bundestag kandidieren. Die beiden haben das Buch »Corona Fehlalarm?« geschrieben, in dem sie die Pandemie kleinreden. Sie gehören zu den Stars der Protestszene, ihr Buch landete in der SPIEGEL-Jahresbestsellerliste 2020. »Die Stunde hat geschlagen«, sagt Bhakdi. »Sachsen-Anhalt hat die Chance, einen Stein ins Rollen zu bringen für ganz Deutschland«, sagt Reiss. »Die Politik hat in den letzten Jahren gezeigt, dass sie nicht für das Volk ist, sondern gegen das Volk.«
Die Basis ist nach der AfD eine weitere Partei, die versucht, der parlamentarische Arm derjenigen zu werden, die das derzeitige System und seine Politik ablehnen. Immerhin: Mit nach eigenen Angaben 16.000 Mitgliedern ist die Basis bereits halb so groß wie die AfD, eine beachtliche Entwicklung für eine erst elf Monate alte Partei. Doch wer trägt diese Partei, wer sind ihre Führungsfiguren?
Der SPIEGEL und netzpolitik.org haben interne Mitgliederlisten der Basis ausgewertet, Chatgruppen gesichtet, Wahlveranstaltungen und virtuelle Treffen verfolgt. Die Recherche ermöglicht einen Blick ins Innenleben der Protestpartei. Es ist ein Bild voller Widersprüche – und von mancherlei Abgründen.
Unter den Mitgliedern sind Prominente wie der frühere TV-Seelsorger Jürgen Fliege, auch der Schauspieler Volker Bruch, bekannt aus der Fernsehserie »Babylon Berlin«, hat einen Aufnahmeantrag gestellt. Es sind Männer und Frauen dabei, die schon bei den Grünen, der Ökopartei ÖDP, der Union, der SPD, den Piraten oder der Linken aktiv waren – und einige, die von der AfD kommen.
Wie durch ein Datenleck bei der Partei bekannt wurde, sind die meisten Mitglieder zwischen 40 und 65 Jahre alt, pro Monat überweisen sie insgesamt mehr als 150.000 Euro an die Basis. Hochburgen der Partei liegen in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bayern und Baden-Württemberg – in Stuttgart ist die inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtete »Querdenken«-Bewegung entstanden. Mit ihr hat die Basis Überschneidungen, auch wenn die Parteispitze Gegenteiliges behauptet. Ein prominenter »Querdenken«-Anwalt ist Mitglied der Basis.
Auffällig viele in der Partei sind Heilpraktikerinnen und Alternativmediziner. Das passt zum esoterischen Geist, der die Partei durchweht. »Die neue Politik muss den Menschen als körperlich-seelisch-geistiges Wesen mit all seinen Bedürfnissen und Anliegen für eine lebensfreundliche Welt ins Zentrum setzen«, heißt es in der Satzung. Als ihre »vier Säulen« nennt die Partei »Freiheit«, »Machtbegrenzung«, »Achtsamkeit« und »Schwarmintelligenz«. Es klingt nach einer anderen, einer besseren Welt.
Wer bei der Basis Mitglied werden will, muss erklären, dass er oder sie »totalitäre, diktatorische, gewalttätige sowie undemokratische Bestrebungen« entschieden ablehne. Doch wie Recherchen zeigen, tummeln sich hinter der Frieden-und-Freiheit-Fassade zahlreiche Anhänger von Verschwörungstheorien, viele offenbaren ein gespaltenes Verhältnis zu Staat und Demokratie. Manche zeigen offen Sympathien zur Ideologie der Reichsbürger, die der Bundesrepublik die Legitimität absprechen.
Bei einigen Basis-Mitgliedern bleibt es nicht bei Impfskepsis, Maskenmuffelei und der Ablehnung der Anti-Corona-Maßnahmen. Auch manche Landeschefs der Partei vertreten antidemokratische Positionen.
Die Beschreibung der Telegram-Gruppe des Landesverbands Rheinland-Pfalz klingt zunächst nach einem demokratischen Idyll. »Diese Gruppe dient dem allgemeinen, offenen Diskurs und Austausch«, heißt es dort. Doch wer die Nachrichten in der Gruppe liest, findet NS-Vergleiche und Forderungen, die Demokratie in ihrer jetzigen Form abzuschaffen.
Vorn dabei ist der Vorsitzende des Landesverbands Rheinland-Pfalz, Torsten Reichert, ein Softwareentwickler. Auf Telegram nennt er offenkundig unter Pseudonym Abgeordnete ein »kriminelles und korruptes Dreckspack«, dessen »Helfershelfer« vor »Bürgergerichte« gestellt gehörten. Die Basis scheint für ihn ein Mittel zum Zweck: »Es geht sowieso nur noch darum, wie man sich noch vor diesem System schützen und es beseitigen kann.«
Neben Umsturzfantasien äußert der Landeschef auch Sympathien für Reichsbürger: »Souveränitätsbewegungen sind ein weltweites Phänomen, um sich von machtmissbrauchenden Regimen loszusagen.« Er ruft dazu auf, »nachtragend« zu sein: »Führen wir eine öffentliche Liste von Personen, Geschäften usw., die nachweislich den Corona-Faschismus öffentlich befürwortet oder unterstützt haben.« Diese »Blacklist« sollte verhindern, »dass diese Leute noch mal Jobs oder Kunden bekommen«.
Der Landesvorsitzende schreibt all das nicht im Verborgenen. Die Chatgruppe mit mehr als 500 Mitgliedern ist öffentlich. Reichert firmiert dort offensichtlich unter dem Pseudonym »Random Tox«, in mehreren Nachrichten stehen der echte Name und Wohnort des Politikers. Auch seine Handynummer ist dort hinterlegt. Auf Anfrage äußert sich Reichert nicht dazu, ob er unter dem Pseudonym schreibt. Die Telegram-Gruppe sei nicht repräsentativ für die Parteiinhalte, teilt er mit. Sie diene »auch durch die Formulierung provokanter Thesen« dazu, die Haltungen von Interessenten für die Basis zu klären. Es klingt nach einer unorthodoxen Form der Mitgliederwerbung.

Die große Versuchung
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In der Chatgruppe findet sich auch ein KZ-Vergleich der heutigen Bundestagskandidatin Annika Terworth, Platz zwei auf der Landesliste. Mitte März postet ein Nutzer ein Bild einer Kunstinstallation in Düsseldorf, bei der die Aussage »Impfung = Freiheit« auf den Fernsehturm projiziert wurde. Daraufhin schreibt Terworth: »Wie war das damals: Arbeit macht frei?« Als die Parteifunktionärin für den NS-Vergleich von einem Nutzer kritisiert wird, antwortet sie: »Jemand, der sich mit den Dingen beschäftigt, dem drängt sich diese damalige Situation auf.«
Neben ihrer Kandidatur für die Basis ist Terworth Mitglied im Stadtelternausschuss Kaiserslautern, der die Belange von Eltern und Kindern in Kitas vertritt. Als Rheinland-Pfalz im April eine Testpflicht an Schulen einführt, verkündet sie in der Basis-Chatgruppe, sie werde ihren Sohn nicht mehr in den Unterricht schicken. »Wer die Testung unterstützt, befeuert das System«, schreibt sie. »Widerstand ist das einzige Mittel.«
Zu ihrer Kritik an Tests bei Kindern stehe sie, teilt Terworth auf Anfrage mit. Dass die heutigen Zustände nicht mit der NS-Zeit gleichzusetzen seien, sei ihr sehr wohl bewusst: »Aber die Entstehung des damaligen totalitären Staates hat mit der Zurückdrängung der Demokratie und der Einschränkung der Grundrechte angefangen. Mir und vielen ähnlich kritischen Menschen bereiten diese Parallelen große Sorgen.«
Nach außen zeigt die Basis ein freundliches Gesicht. Die beiden Parteichefs, Diana Osterhage und Andreas Baum, laden zum Interview nach Braunschweig, in die Coachingpraxis eines Basis-Mitglieds. Im Fenster steht ein Aufsteller mit dem bunten Parteilogo, auf dem Tisch liegen Broschüren der Partei.
Osterhage war Naturheilpraktikerin für Kinder und Frauen mit eigener Praxis in Hannover, spezialisiert auf Homöopathie; Baum Chef bei einem Automobilzulieferer. Als das Unternehmen insolvent wurde, habe aber auch er sein Hobby zum Beruf machen wollen und eine Ausbildung zum Heilpraktiker begonnen, erzählt Baum. Dann kam Corona.

Parteichefs Osterhage, Baum: Homöopathin und Hobby-Naturheiler
Foto: Gordon Welters / DER SPIEGELInzwischen haben beide ihren Beruf aufgegeben und machen Politik. »Man muss Basisdemokratie auf allen Ebenen installieren«, sagt Baum. Wie das aussehen soll, bleibt vage. Das Programm für die Bundestagswahl wird derzeit noch erarbeitet. Auf der Homepage finden sich wolkige Floskeln: Die Basis vereine »Menschen, die in Frieden und Freiheit leben und miteinander bessere Entscheidungen treffen möchten«. Konkret wird es, wenn es um die Ablehnung der Coronaimpfung geht – für die Partei eine »Genmanipulation«.
»Wir bilden in unserer Partei das gesamte gesellschaftliche Spektrum ab«, sagt Osterhage. Nur Radikalismus in jeglicher Form wolle man in der Basis nicht haben, beteuert sie.
Und die Äußerungen in den Chatgruppen, die NS-Vergleiche, die Aufrufe zum Umsturz? »Uns ist klar, dass das eine Baustelle ist«, sagt Co-Chef Baum. Es gebe noch nicht überall Strukturen, um auf problematische Beiträge direkt reagieren zu können. Wenn Mitglieder negativ auffielen, führe man intern Gespräche, bei Grenzüberschreitungen gebe es Konsequenzen.
Über den Vorwurf, dass die Basis Verschwörungsideologien verbreite, könne er hingegen nur lachen, sagt Baum. »Früher dachte man, dass die Erde eine Scheibe ist, und jeder, der etwas anderes glaubte, wurde als Verschwörungsideologe abgestempelt. Viele sogenannte Verschwörungstheorien haben sich später als Wahrheit herausgestellt.«
Jürgen Fliege, 74, war mal der bekannteste Fernsehpfarrer Deutschlands, bis 2005 tröstete er in seiner Sendung Menschen. 2009 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Zwei Jahre später verkaufte er die sogenannte Fliege-Essenz. 99 Milliliter für 39,90 Euro, er sagte, es sei eine Art »Sauerkrautsaft zur Nahrungsergänzung« für bessere Verdauung.
Dann wurde es still um Fliege. Bis er Ende 2020 auf einer »Querdenken«-Veranstaltung in München sprach. Im Frühjahr trat er in die Basis ein.
Die Zahl von mehr als 80.000 Toten in Deutschland, sagt Fliege in einem Telefongespräch, sei nicht seriös, sie solle Angst machen. »Diese Menschen sind mit, an oder durch Covid gestorben. Einige wären auch so gestorben«, sagt er.
Er habe selbst Verwandte, die an Corona erkrankt seien. Er behaupte nicht, dass das Virus eine Erfindung sei, »und es ist auch gefährlicher als die Grippe«. Aber die Lockdown-Maßnahmen seien nicht gerechtfertigt gewesen. Fliege fordert »Sondersendungen, die keine Angst machen«, sondern zeigten, »wie man sein Immunsystem stärkt, zum Beispiel mit Vitamin D und Waldläufen«. Er sagt: »Es ist doch einfach: Wenn das Virus zu stark ist, bist du zu schwach.«
Auch der Schauspieler Volker Bruch, der kürzlich mit einer Videoaktion gegen die Coronamaßnahmen Aufsehen erregte, hat einen Aufnahmeantrag bei der Basis gestellt. Laut Partei ist das Verfahren aber noch nicht ganz abgeschlossen. Über seine Beweggründe äußert Bruch sich derzeit nicht, er konzentriere sich auf die Dreharbeiten für neue Folgen von »Babylon Berlin«, sagt seine Agentin. Der »Welt am Sonntag« sagte Bruch, er finde den basisdemokratischen Ansatz der Partei hochinteressant: »Ich muss nicht mit allen Menschen in allen Punkten einer Meinung sein, aber wenn man sich gemeinsam auf unterstützenswerte Inhalte einigt, kann man sich auch gemeinsam dafür einsetzen.«
In den Bundestagswahlkampf zieht die Partei mit bekannten Figuren der Coronaprotestbewegung: Neben dem Bestsellerautor Bhakdi kandidieren der Pandemie-Relativierer Wolfgang Wodarg, ehemals SPD-Bundestagsabgeordneter, und der Anwalt Reiner Fuellmich, der in der Szene Geld für eine angeblich große Schadensersatzklage wegen der Anti-Corona-Maßnahmen sammelt. Fuellmich steht auch hinter dem »Corona-Ausschuss«, einer Art Bürgertribunal, das in langen Sitzungen die vermeintliche Wahrheit über die Pandemie ans Licht gebracht haben will.
Beim Wahlkampfauftritt am Dom in Magdeburg wird Fuellmich wie ein Star bejubelt. »Ich bin völlig begeistert«, sagt Alkje Fontes, 43, Mitgründerin der Basis und Parteichefin in Sachsen-Anhalt. »Lauter friedliche Menschen, ganz viele Kinder. Es ist wunderschön.«
Fontes trägt einen türkisfarbenen Hut und eine weiße Jacke, an ihr ein Button: »Widerstand GG Art. 20.4«. Der Artikel gibt jedem Deutschen das Recht, Widerstand gegen jeden zu leisten, der die Verfassungsordnung beseitigen will. Er wurde als Lehre aus dem Nationalsozialismus ins Grundgesetz geschrieben.
Fontes sagt, sie habe schon länger den Eindruck, dass etwas schieflaufe in Deutschland: »Es gibt doch keine repräsentative Demokratie mehr.«
In Niedersachsen tritt die Partei mit einem Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl an, der vom Dienst suspendiert ist: Kriminalhauptkommissar Michael Fritsch. In der »Querdenken«-Szene ist der 57-Jährige als »Schutzmann mit Herz und Hirn« bekannt, seit August trat er wiederholt auf Kundgebungen auf. Bei einer Rede in Konstanz erklärte er etwa, dass er »Parallelen« zwischen der SS und dem heutigen »Sicherheitsapparat« erkenne, für den er fast 40 Jahre lang als Polizist tätig war.
Seit vergangenem Sommer führt Fritschs Dienstherr, die Polizeidirektion Hannover, ein Disziplinarverfahren gegen den »Schutzmann«. Im Mai reichte sie Klage auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ein. Laut Verwaltungsgericht Hannover wirft die Behörde Fritsch unter anderem »Verunglimpfung staatlicher Institutionen und Organe« und die »Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung« vor. Sein Anwalt teilt auf Anfrage mit, Fritsch bestreite die Vorwürfe »vollumfänglich«.
Ein Gründungsmitglied der Basis in Berlin ist Stephan Haube. Nach eigenen Angaben Taxifahrer und in der Vergangenheit, so steht es in seinem Parteiprofil, aktiv in der Linken-Vorläuferpartei WASG und mehrere Jahre im Landes- und Bundesvorstand der Deutschen Mitte. Letztere ist eine Kleinstpartei, die 2017, als Haube Vizelandeschef in Berlin war, »für Palästina die Ein-Staaten-Lösung« und damit eine Auflösung des Staates Israel propagierte – eine Forderung, von der sich Haube auf Anfrage heute distanziert.
In seiner Biografie spart der heutige »Schwarmbeauftragte« des Landesverbands Berlin nicht nur sein Engagement bei der AfD aus, wo er 2013 im Arbeitskreis Sozial- und Entwicklungspolitik aktiv war. Unerwähnt bleibt auch sein früherer Einsatz für die »Volksinitiative gegen das Finanzkapital« von Jürgen Elsässer. Für den Zusammenschluss rund um den extrem rechten Publizisten, dessen »Compact«-Magazin seit 2020 vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wurden die Spendengelder auf Haubes Bankkonto gesammelt. Beides bestätigt er auf Anfrage, allerdings sei er nur in der Anfangszeit der AfD Fördermitglied gewesen. Elsässer und er gingen seit 2016 getrennte Wege. Seitdem dieser bei Pegida Reden gehalten habe, sei für Haube »eine rote Linie überschritten«.
Nach Einschätzung von Experten fehlt der jungen Partei eindeutig eine Abgrenzung zum extremen Rand. »Die Basis kann mindestens als rechtsoffen bezeichnet werden«, sagt Claudia Barth, Sozialwissenschaftlerin an der Hochschule Esslingen, die seit Beginn der Coronapandemie zur »Querdenken«-Bewegung forscht. Sie sieht bei der Basis eine große Nähe zur AfD und deren Positionen, nicht nur in der Coronafrage.
Ein Bundestagsabgeordneter der AfD trat mit Aktivisten der Basis auf und lotste sie im April in den Bundestag. Eine Frau, die bis November Referentin bei einem bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten war, ist nun Mitglied des Basis-Vorstands – im Netz wird sie als »unsere Querdenkerin« vorgestellt.
Dennoch bestreitet die Basis eine besondere Nähe zu der Rechtsaußenpartei. Tatsächlich gibt sie mit ihren Beauftragten für »Achtsamkeit« auch ein anderes Bild ab als die völkisch auftretende AfD. Schlagwörter wie Frieden und Freiheit »fungieren als Oberflächenbotschaften«, sagt Forscherin Barth: Sie klängen gut, insinuierten aber gleichzeitig, dass es beides in Deutschland gerade nicht gebe.
In der Coronaprotestbewegung finden zwei Milieus zusammen, die nur scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Esoteriker, die sich oft eher als links bezeichnen. Und die extreme Rechte. Was sie eint, ist die Entfremdung vom bestehenden politischen System, von den Medien und der Wissenschaft.
Der Soziologieprofessor Oliver Nachtwey hat die bisher aufschlussreichste Studie über die Coronaprotestbewegung erstellt. Er und sein Team von der Uni Basel haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Coronademos befragt. Das Ergebnis: Die Bewegung helfe sowohl der AfD als auch der Basis. 27 Prozent gaben an, bei der Bundestagswahl der AfD ihre Stimme geben zu wollen. 61 Prozent sagten, eine Kleinstpartei wählen zu wollen, davon 18 Prozent die Basis. Bei der Wahl 2017 entschieden sich die Befragten noch deutlich häufiger für andere Parteien, insbesondere die Grünen oder die Linken. Die Coronaprotestbewegung in Deutschland, so folgert Nachtwey, »kommt zum Teil von links, geht aber eher nach rechts«.
Wie widersprüchlich die Wirklichkeit sein kann, zeigt das Beispiel Alexandra Motschmanns. Sie ist »Schwarmbeauftragte« der Basis in einem bayerischen Landkreis. Unter dem Namen Motschi von Richthofen schreibt sie Gedichte mit Titeln wie »Geduld« oder »Wandel«. Zuletzt versuchte sie sich an politischer Poesie. Ein Gedicht handelt von den Geschwistern Scholl, die ihren Kampf gegen das NS-Regime mit dem Leben bezahlten. Motschmann reimt:
»Wir erkennen gerade faschistische Züge
Aufgebaut auf der Coronalüge
Ihr seid uns Vorbild für den Widerstand
Mit der Liebe in der Hand.«
In der Coronaprotestszene wird Motschmann allerdings nicht wegen ihrer Reimkunst angegangen, sondern wegen ihrer Verwandtschaft.
Ihr Bruder ist ein Großinvestor von Biontech und sitzt seit 2008 im Aufsichtsrat des Unternehmens. Früh hat der Venturecapital-Mann das Potenzial der Firma erkannt und sie mit vielen Millionen Euro unterstützt. Ohne ihn hätte es den deutschen Impfstoff wohl nie gegeben.
Auf Parteikanälen muss Alexandra Motschmann nun Verschwörungstheorien zurückweisen, wonach sie die Basis heimlich unterwandere. Sie selbst, so versichert sie in einem Video, würde den Biontech-Impfstoff »niemals über mich ergehen lassen«.